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Digitalisierung

Nutzung von Software as a Service als Versicherung

Von Markus Pabst / 29. April 2020

Die veränderten Kundenerwartungen, die wachsende Konkurrenz durch agile Insurtechs, der hohe Kosten- und Wettbewerbsdruck und nicht zuletzt die Gefahr des Markteintritts großer digitaler Player zwingen die Versicherungsunternehmen zur schnellen und umfassenden Digitalisierung ihres Geschäftsmodells.

Voraussetzung hierfür sind flexible IT-Strukturen mit entsprechenden Systemkapazitäten, hohe IT-Fachkompetenz sowie klar definierte technische und organisatorische Schnittstellen.

Die Inhouse-IT-Systeme der Versicherer können diese Anforderungen nur bedingt bzw. mit hohem technischen und finanziellen Aufwand für die notwendige Anpassung erfüllen. Dadurch erhöhen sich die IT-Budgets für „run the business“, und es bleibt weniger Spielraum für IT-Innovationen, die auf Kunde und Produkt einzahlen. Der Mangel an Fachkräften zum Ausbau eigener IT-Kompetenz bildet eine weitere Hürde bei der schnellen Umsetzung der Digitalisierungsstrategie von Versicherungsunternehmen. Cloud-basierte Ansätze zur Nutzung von Services, allen voran Software as a Service (SaaS) bieten einen Ausweg aus dieser Situation.

SaaS – Begriffsdefinition und Einordnung

SaaS-Modelle basieren auf dem Grundsatz, dass Softwaremodule und dafür benötigte IT-Infrastruktur bei einem spezialisierten Dienstleister auf Basis eines Gebührenmodells genutzt werden können. Im Gegensatz zum klassischen Lizenzmodell, bei dem die Nutzungsrechte von Software umfänglich vereinbart werden müssen, erlaubt das SaaS-Modell eine wesentlich flexiblere Nutzungs- und Abrechnungsmethodik und ist daher gerade für die Nutzung von Skaleneffekten im Sinne von „think big, start small and scale“ sehr gut geeignet. Technologisch setzt die Nutzung von SaaS eine externe Cloud-Infrastruktur voraus, über die auch die benötigten Middleware-Komponenten (Datenbanken, Betriebssysteme) und IT-Infrastruktur (Netzwerke, Firewalls) betrieben werden können. Dieser Ansatz der IT aus der Steckdose erfordert bei der Auswahl des Dienstleisters allerdings besonderes Augenmerk im Hinblick auf die Erfüllung der datenschutz- und aufsichtsrelevanten Anforderungen, die von entscheidender Bedeutung bei der Umsetzung eines solchen Modells ist.

Nutzen von SaaS-Lösungen

Neben der bereits oben erwähnten technischen und wirtschaftlichen Skalierbarkeit liegen die wesentlichen Nutzenpotentiale einer SaaS-basierten IT-Lösung in der Freisetzung von gebundenen IT-Ressourcen für die Entwicklung wettbewerbsdifferenzierender und innovativer Anwendungen im Kunden- und Produktsegment. Die Risiken bezüglich der erforderlichen IT-Investitionen und die Aufwände für die Wartung der Software liegen beim Dienstleister.

Moderne IT-Plattform mit flexiblen Nutzungsoptionen

Mit der Auslagerung an einen spezialisierten IT-Dienstleister profitiert der Saas-Nutzer – ohne hohe Anfangsinvestitionen – von einer modernen, technologisch ausgereiften IT-Lösung, die alle funktionalen und regulatorischen Anforderungen erfüllt. Der Service-Gedanke des SaaS-Modells sieht vor, die über die Plattform angebotenen fachlichen und technischen Geschäftsprozesse als separate Einheiten gemäß den Anforderungen des Kunden zur Verfügung zu stellen. Das Angebot erstreckt sich vom Zukauf eines einzelnen innovativen Services, um schnell auf ein Marktbedürfnis reagieren zu können, bis hin zu einer vollständigen SaaS-Plattform aus der Cloud. Diese flexiblen Nutzungsoptionen erlauben es, für die unterschiedlichsten Kundenanforderungen passgenaue Lösungen zu liefern, etwa für den Test neuer Produkte, Vertriebswege oder digitaler Kundenservices, bei gleichzeitiger Risikominimierung und kürzerer Time-to-market.

Durch im Cloud-Kontext übliche Verfahren wie DevSecOps können sowohl neue Funktionen zeitnah und kontinuierlich bereitgestellt, als auch regulatorische und gesetzliche Anforderungen regelmäßig und aktuell erfüllt werden. Mischformen aus dem Betrieb von On-premise-Altsystemen und SaaS-basierten Modulen sind bspw. in der Bestandsverwaltung möglich, ohne sofort den Rip-and-replace-Ansatz zu durchlaufen. Die Erweiterung hin zu Business Process Outsourcing für nicht differenzierende Prozesse bzw. wertschöpfenden Plattformansätzen in Richtung Ökosysteme wird erleichtert.

Risiken von SaaS-Lösungen

Die Risiken bei Cloud-basierten Ansätzen und der Auslagerung von IT-Systemen in ein SaaS-Modell liegen vor allen Dingen in der damit verbundenen externen Datenhaltung. Hier ist neben einem Verlust der direkten Kontrolle über die Daten sicherlich auch die nach wie vor bestehende aufsichtsrechtliche und datenschutzrechtliche Verantwortung des Versicherungsunternehmens zu nennen, die nicht einfach delegiert werden kann. Überwachungs- und Steuerungsprozesse können hier mit einem externen Dienstleister unter Umständen aufwändiger und anfälliger sein.

Fazit

Die Entscheidung für eine Auslagerung im Sinne eines SaaS-Modells ist für gewachsene IT- Landschaften sicherlich schwerer zu treffen als bei einem Greenfield-Ansatz, wie ihn viele Insurtechs beim Aufbau ihrer IT-Infrastruktur wählen konnten. Nichtsdestotrotz ist es aufgrund der oben genannten Gründe auch für etablierte Versicherungsunternehmen dringend notwendig, mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells über solche Lösungsansätze nachzudenken. Hierbei ist es sicherlich sinnvoll, keinen Big-bang-Ansatz zu verfolgen, sondern zunächst auf kleineren Versuchsfeldern, wie beispielsweise Produkttest oder Customer Journeys, SaaS-Modelle zu erproben und im Erfolgsfall entsprechend zu skalieren.

Von zentraler Bedeutung für einen erfolgreichen Start in die SaaS-Welt ist die Auswahl eines unabhängigen Partners als Dienstleister, der neben der Bereitstellung der technischen Infrastruktur auch über die notwendigen fachlichen Skills verfügen muss, die für eine Übernahme und den Betrieb von Versicherungslösungen notwendig sind. Dabei spielen Kriterien wie aussagefähige Kundenreferenzen, lokale Marktpräsenz, Projekterfahrung und finanzielle Stabilität eine wichtige Rolle. Nur dann kann im Sinne eines „One-Stop-shoppings“ sowohl der Plan-, als auch der Build- und Run-Prozess aus einer Hand geliefert werden.

Neben den Faktoren Flexibilität und Time-to-Market spielen wirtschaftliche Aspekte bei der Nutzung des SaaS-Modells eine zentrale Rolle. Wie eine nutzungsabhängige Vergütung über die Vereinbarung eines zum Beispiel zu entrichtenden Price-per-Policy (PpP) aussehen könnte und welche Vorteile die unterschiedlichen Pricing-Modelle für die Versicherungsunternehmen haben, ist Thema unseres nächsten Blogposts “Nutzungsabhängige Vergütung von SaaS-Lösungen“.

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